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In der 1994 herausgegebenen Denkschrift der EKD, in der Standort und Perspektiven des Religionsunterrichts in der pluralen Welt beschrieben werden, ist die grundlegende Zielsetzung des evangelischen Religionsunterrichts mit den Begriffen „Identität und Verständigung“ umschrieben. Angesichts der allgemeinen Krise der Lebensorientierung in unserer pluralen, von Gegensätzen gekennzeichneten und von übergreifenden Zukunftssorgen bestimmten Gesellschaft, die durch Phänomene
wie Individualisierung, Grundlagenkrise, Relativismus, Globalisierung u.a. bestimmt ist, ergibt sich für den evangelischen Religionsunterricht eine dreifache Zielsetzung, die einen Beitrag leisten soll zu einer umfassenden allgemeinen Orientierung des Menschen in der Welt und vor Gott. Im Blick auf die Zukunftsaufgaben muss der Horizont sozialer Verantwortung ausgeweitet, Gemeinsinn und Verständigungsfähigkeit gefördert werden.
Im Blick auf das Individuum muss grundlegende Hilfe bei der Identitätsfindung gegeben werden. Die Vermittlung christlicher Ethik ist auf beide Bereiche bezogen und umfasst in der Zielperspektive - dem Doppel-bzw. Dreifachgebot der Liebe korrespondierend - die Bezugspunkte Gott- Individuum-Nächster.
Daraus ergibt sich für das Fach evangelische Religion folgendes Kerncurriculum, das in unseren Schulcurricula zum Tragen kommt:
• die Frage nach dem Anfang allen Seins
• die Frage nach Leben, Tod und Auferstehung
• die Theodizeefrage - Gottes Liebe, die größer ist als Leid und Tod
• Religionskritik - Zweifel an der Existenz Gottes
• die Rolle der Kirche angesichts dessen, woran Menschen glauben und wofür sie leben.
• christliche Ethik im Dienst der Bewahrung des Lebens, der Gerechtigkeit und der Lebenserfüllung
Folgende Grundsätze prägen den Religionsunterricht inhaltlich, didaktisch und methodisch:
Vor allem versteht sich der Unterricht als ein Beitrag zur persönlichen religiösen Orientierung und Bildung des Schülers; dieser bildet in seiner Erfahrungs- und Lebenswelt und dem Horizont seiner ihm eigenen Lebenswirklichkeit den Ausgangspunkt der Aneignung und Auseinandersetzung mit dem evangelischen Bekenntnis, die durch Selbstständigkeit, Erfahrungsbezug, einfallsreiche Elementarisierung, Transparenz für das Leben evangelischer Christen in Gemeinde, Gesellschaft und
Welt und ihrer Leitbilderprägung bestimmt sind. Die Frage nach Gott bildet dabei die zentrale „verantwortungsvolle Mitte“. Am Beispiel christlicher Wahrheitserfahrung und -prüfung soll im Blick auf das Wahrheitsproblem immer bewusst bleiben, dass „Gestaltwerdung nicht Vollkommenheit bedeutet, fragmentarisch bleibt und von Sünde und Schuld geprägt ist“. Zudem sind immer wieder die Konsequenzen von Intoleranz und Absolutheitsansprüchen vor Augen zu führen, die jeglichen Idealisierungstendenzen entgegenstehen müssen.
Schülerorientiertes und traditionsbezogenes Lernen im Wechselspiel von Selbstfindung und Einführung in die biblischen Geschichten und ihre Vorstellungsgehalte sollen ebenso prägend sein wie die Ausrichtung auf eine Gesprächskultur, in der unterschiedliche Positionen reflektiert und respektiert werden können.
Das didaktische Konzept ist vor allem auch vom Prinzip der Ganzheitlichkeit bestimmt, das als Miteinander von Erfahren, Verstehen und Handeln aufzufassen ist.
Im Blick auf seine konfessionelle Bestimmtheit verfolgt der evangelische Religionsunterricht zwei Zielsetzungen, die - trotz ihrer eigenständigen Bedeutsamkeit - komplementär zu verstehen sind:
Grundlagenfächer
Evangelische Religion Die Schüler sollen hinsichtlich weltanschaulich-religiöser und ethischer Fragestellungen zu einer Auseinandersetzung mit den geschichtlich gewordenen Traditionen (Prinzip konfessioneller Bestimmtheit) geführt werden. Nur ein konfessionell bestimmter Religionsunterricht erlaubt Identifikation und damit Identitätsbildung, die die Grundlage bilden für die ebenfalls notwendige Offenheit und Verständigungsbereitschaft (Prinzip der dialogischen Kooperation), die unter der Perspektive stehen, das „Gemeinsame inmitten des Differenten zu stärken“, so dass es zu einem „fruchtbaren Wechselspiel von gewachsener Identität und anzustrebender Verständigungsfähigkeit“ kommen kann.
Hier bieten sich gerade in unserer spezifischen Situation – evangelischer Religionsunterricht an einer katholischen Schule – aufgrund der das schulische Leben bestimmenden Nähe besondere Möglichkeiten im Rahmen der „ökumenischen Offenheit des konfessionellen Unterrichts“ an, die der „Förderung von Dialogbereitschaft und Erfahrungsaustausch“ und auch der „sachgemäßen Würdigung der anderen Positionen und bewussten Identifikation mit der eigenen konfessionellen Tradition“ dienen sollen.